Herzgesundheit: Diesen Blutwert sollte jeder kennen!
LDL-Cholesterin gilt als einer der gängigsten und wichtigsten Biomarker für die Beurteilung des kardiovaskulären Risikos und die Herzgesundheit. Dabei gibt es einen weiteren, den meisten Health Professionals noch nicht bekannten, Biomarker, der berechtigt in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit erhält: Lipoprotein (a), kurz Lp(a). Dieses Molekül ist eng mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden und verdient eine tiefere Betrachtung. Die Forschung zu Lp(a) gewinnt an Bedeutung, da neue Erkenntnisse die zugrunde liegenden Mechanismen immer besser erklären und potenziell neue Ansätze zur Prävention und Behandlung bieten könnten (Tsimikas, 2021).
Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören nach wie vor zu den häufigsten Ursachen für Morbidität und Mortalität, trotz erheblicher Fortschritte in Prävention und Therapie (Statista, 2022). Die Erhaltung der Herzgesundheit ist daher entscheidend für das allgemeine Wohlbefinden und die Lebensqualität. Daher ist es für Health Professionals unerlässlich, sich eingehender mit der Thematik zu befassen und auch die Bedeutung von Lp(a) zu verstehen, um das kardiovaskuläre Risiko ihrer PatientInnen und KundInnen gezielt zu minimieren.
In diesem Beitrag erfährst du, welche Rolle Lp(a) in der Herzgesundheit spielt und welche aktuellen Forschungsergebnisse aufzeigen, ob Lp(a), LDL-C oder Apolipoprotein B der bessere Biomarker für das kardiovaskuläre Risiko ist.
Apo B, LDL oder Lp(a)?
Die Entscheidung darüber, ob ApoB, LDL-Cholesterin oder Lp(a) der geeignetere Biomarker für die Bewertung des kardiovaskulären Risikos ist, hängt von verschiedenen Faktoren ab, darunter das individuelle Risikoprofil und weitere gesundheitliche Aspekte. Jeder dieser Biomarker hat spezifische Vorzüge und Einschränkungen:
- Low-Density Lipoprotein-Cholesterin – LDL-Cholesterin ist der am häufigsten genutzte Biomarker zur Einschätzung des Herz-Kreislauf-Risikos und wird routinemäßig erfasst. Hohe LDL-Werte stehen in direktem Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle, und die Messung erfolgt meist regelmäßig, etwa bei Gesundheits-Checks.
- Apolipoprotein B – ApoB ist ein Protein, das auf LDL-Partikeln gefunden wird. Einige Forschungen legen nahe, dass ApoB ein geeigneterer Prädiktor für das Risiko von Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein könnte als LDL-Cholesterin, da es die Anzahl der atherogenen Lipoproteine im Blut besser widerspiegelt (Devaraj et al., 2024). Allerdings wird ApoB nicht routinemäßig gemessen und ist teurer als die Standard-LDL-Messung, was ein potenzieller Nachteil sein kann. Die Messung von ApoB im Blut kann eine verbesserte Beurteilung des individuellen Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ermöglichen und eine gezielte Behandlungsstrategie unterstützen. Deswegen sollte dieser Wert aus erfahrungsmedizinischer Sicht ebenfalls bestimmt und nicht einfach nur durch das LDL ersetzt werden.
- Lipoprotein (a) – Lp(a) ist ein weniger bekannter, aber zunehmend relevanter Biomarker, da hohe Lp(a)-Spiegel das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle erhöhen. Da die Lp(a)-Werte größtenteils genetisch bedingt sind und sich im Laufe des Lebens nicht signifikant verändern, wird Lp(a) in der Regel einmalig gemessen. Zwar sind die Kosten für diese Messung oft höher, jedoch spielt das bei einer einmaligen Bestimmung vermutlich weniger eine große Rolle. Deswegen kann jedem nur dazu geraten werden, den Lp(a) Wert einmalig bestimmen zu lassen, um das eigene Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle besser abschätzen zu können.
Insgesamt lässt sich zusammenfassen, dass nicht ein einzelner Biomarker ausreicht, um das kardiovaskuläre Risiko vollständig zu erfassen. Eine präzisere Risikobewertung wird durch die Kombination mehrerer Marker (wie LDL, ApoB oder Lp(a)) ermöglicht, was eine fundierte Grundlage für Präventions- und Behandlungsentscheidungen schafft. Dabei ist es notwendig, das Herz-Kreislauf-Risiko ganzheitlich zu betrachten, indem neben den Biomarkern auch Lipidprofile, Blutdruck, Familienanamnese, Lebensstilfaktoren und bei Bedarf weitere Tests in die Bewertung einbezogen werden.
In Bezug auf die Aussagekraft ist es wichtig zu beachten, dass sowohl LDL-Cholesterin als auch Lp(a) unabhängige Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind. Einige Studien haben gezeigt, dass hohe Lp(a)-Spiegel das Herz-Kreislauf-Risiko auch bei Personen mit normalen LDL-Cholesterinwerten erhöhen können (Vinci et al., 2023). Dies verdeutlicht, dass die alleinige Bestimmung des LDL-Cholesterins nicht ausreicht, um das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen umfassend zu beurteilen. Im Gegenzug dazu sollte die Messung von Lp(a) als zusätzliche Komponente zur Bewertung des kardiovaskulären Risikos betrachtet werden und nicht als Ersatz für andere Biomarker.
Was ist Lp(a) und warum ist es wichtig, seinen Wert zu kennen?
Lp(a) besteht aus einer Kombination von Lipiden (Fetten) und Proteinen und wird im Blutkreislauf transportiert und ist dort ein messbarer Biomarker. Das Risiko, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln, kann sich durch Lp(a) erhöhen, selbst wenn die LDL-Cholesterinwerte (LDL-C) innerhalb des empfohlenen Bereichs liegen, was als kardiovaskuläres Restrisiko bezeichnet wird (Vinci et al., 2023).
Es wurde festgestellt, dass erhöhte Lp(a)-Werte das Risiko vor allem für Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöhen, einschließlich Aortenstenose, koronare Herzkrankheit (KHK), Herzinfarkt und Schlaganfall (Emerging Risk Factors Collaboration, 2009; Farzam & Senthilkumaran, 2024). Lp(a) wird aber auch mit einem erhöhten Risiko für koronare Herzkrankheiten, ischämische Schlaganfälle, Aortenstenose, Herzversagen, Vorhofflimmern und periphere Arterienerkrankungen in Verbindung gebracht (Tasdighi et al., 2024).
Die folgende Abbildung verbildlicht den Zusammenhang zwischen verschiedenen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der Sterblichkeit und hohen Lp(a)-Plasmawerten. Die in Klammern angegebenen Zahlen zeigen das sogenannte Odds Ratio (OR), das das relative Risiko für diese Erkrankungen bei erhöhten Lp(a)-Werten beschreibt. Ein Odds Ratio von 1 würde bedeuten, dass kein erhöhtes Risiko besteht, während Werte über 1 ein erhöhtes Risiko anzeigen. Beispielsweise zeigt ein Odds Ratio von 1.60 für ischämische Schlaganfälle (1.60 [1.24–2.05]), dass Personen mit erhöhten Lp(a)-Werten ein 60% höheres Risiko haben, einen ischämischen Schlaganfall zu erleiden.
Obwohl Lp(a) nicht so bekannt ist wie andere Biomarker (wie z.B. LDL-Cholesterin), spielt es eine bedeutende Rolle bei der Bewertung des individuellen Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen (Nordestgaard et al., 2010). Zudem scheint Lp(a) Entzündungen, Atherogenese und Thrombosen zu fördern. Etwa 20 % der Weltbevölkerung haben einen erhöhten Lp(a)-Spiegel, der vor allem genetisch bedingt ist. Die derzeitig zugelassenen klinischen pharmakologischen Verfahren zur Behandlung von Dyslipidämie sind unwirksam, wenn es darum geht, den Lp(a)-Spiegel zu senken (Tasdighi et al., 2024).
Zusammengefasst bietet das Messen von Lipoprotein(a) (Lp(a)) mehrere Vorteile im Zusammenhang mit der Bewertung der Herzgesundheit und des Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen:
1. Früherkennung von Risiken: Lp(a)-Messung ermöglicht die frühzeitige Erkennung eines erhöhten Risikos für Herz-Kreislauf-Erkrankungen- selbst mit unauffälligen LDL-C Werten. Menschen mit hohen Lp(a)-Werten können ein höheres Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen haben, selbst wenn andere herkömmliche Risikofaktoren wie Cholesterinwerte im Normalbereich liegen.
2. Bessere Risikobewertung: Durch die Messung von Lp(a) können Health Professionals eine genauere Risikobewertung für Herz-Kreislauf-Erkrankungen vornehmen. Dies ermöglicht es, Patienten und Kunden mit einem höheren Risiko frühzeitig zu identifizieren und geeignete präventive Maßnahmen zu ergreifen.
3. Maßgeschneiderte Therapie: Die Kenntnis der Lp(a)-Werte kann Health Professionals helfen, maßgeschneiderte Therapiepläne zu entwickeln, die auf die individuellen Risikoprofile ihrer Patienten und Kunden zugeschnitten sind. Personen mit hohen Lp(a)-Werten und hohem Risikoprofil könnten in individuellen Fällen von aggressiveren Behandlungsansätzen wie Lipidsenkern profitieren.
4. Forschung und Entwicklung neuer Therapien: Die Messung von Lp(a) trägt dazu bei, die Rolle dieses Biomarkers bei der Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen besser zu verstehen. Durch die Identifizierung von Personen mit hohen Lp(a)-Werten können klinische Studien durchgeführt werden, um die Wirksamkeit neuer Therapien zur Senkung von Lp(a) und zur Reduzierung des Herz-Kreislauf-Risikos zu untersuchen.
Interpretation von Lp(a)
Das Konsensgremium der Europäischen Atherosklerose-Gesellschaft (EAS) empfiehlt spezifische Grenzwerte für Lipoprotein (a), um das kardiovaskuläre Risiko besser einschätzen zu können. Ein Wert unter 30 mg/dL (oder <75 nmol/L) schließt ein erhöhtes Risiko weitgehend aus, während Werte über 50 mg/dL (oder >125 nmol/L) auf ein signifikant erhöhtes Risiko hinweisen (Kronenberg et al., 2022).
Werte im Graubereich von 30-50 mg/dL (75-125 nmol/L) sollten zusammen mit anderen Risikofaktoren und der individuellen Anamnese in die Risikostratifizierung einbezogen werden (Kronenberg, 2022). Hierbei spielt die Berücksichtigung der Gesamtanamnese eine wichtige Rolle für die Risikobewertung.
Wie so eine Kombination verschiedener Biomarker zur Erfassung der Herzugesundheit aussehen kann, wird anhand folgendem Blutbild illustriert:
Warum sollten Health Professionals Lp(a) kennen und in ihrer täglichen Arbeit bestimmen?
Es ist wichtig, dass Health Professionals über Lp(a) informiert sind, besonders bei der Betreuung von Menschen mit erhöhtem Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Raucher, Diabetiker, Personen mit Bluthochdruck oder Adipositas. Auch bei PatientInnen oder KundInnen, die langfristig ihre Gesundheit erhalten möchten, spielt dieses Wissen eine bedeutende Rolle.
Wichtige Aspekte, die Health Professionals über Lp(a) wissen sollten:
1. Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Wie bereits erläutert, sind erhöhte Lp(a)-Spiegel im Blut mit einem höheren Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfälle und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden, auch wenn LDL-C im Normalbereich liegt. Daher ist es laut aktuellen Stand der Wissenschaft und nach unserer Meinung sinnvoll, Lp(a) einmalig bei jeder Person zu bestimmen, um potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen.
2. Genetische Komponente: Die Lp(a)-Spiegel werden weitgehend durch genetische Faktoren bestimmt. Personen mit einer positiven Familiengeschichte von Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder bereits bekannten hohen Lp(a)-Spiegeln könnten ein erhöhtes Risiko haben. Daher ist es wichtig, dass Health Professionals in der Anamnese besonderes Augenmerk hierauf legen.
3. Bedeutung der Überwachung: Personen mit einem erhöhten Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder mit bekannten hohen Lp(a)-Spiegeln sollten regelmäßig von einem Arzt überwacht werden. Health Professionals können dabei unterstützen, die Bedeutung einer regelmäßigen Gesundheitsüberwachung zu vermitteln und ihre PatientInnen oder KundInnen zur Einhaltung ihrer ärztlichen Termine zu ermutigen.
4. Beratung und Unterstützung: Health Professionals können dazu beitragen, ihre PatientInnen oder KundInnen über die Bedeutung eines gesunden Lebensstils zur Vorbeugung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen aufzuklären und sie zu motivieren, positive Veränderungen in ihrer Lebensweise vorzunehmen.
Indem Health Professionals über Lp(a) und seine Rolle bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen informiert sind, können sie dazu beitragen, das Bewusstsein ihrer PatientInnen oder KundInnen für dieses wichtige Gesundheitsthema zu schärfen.
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Devaraj, S., Semaan, J. R., & Jialal, I. (2024). Biochemistry, Apolipoprotein B. In StatPearls. StatPearls Publishing. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK538139/
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Farzam, K., & Senthilkumaran, S. (2024). Lipoprotein A. In StatPearls. StatPearls Publishing. http://www.ncbi.nlm.nih.gov/books/NBK570621/
Statista. (2022). Häufigste Todesursachen Deutschland. Gefunden am 19.03.2024 unter https://de.statista.com/themen/69/todesursachen/#topicOverview
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Kronenberg, F., Mora, S., Stroes, E. S. G., Ference, B. A., Arsenault, B. J., Berglund, L., Dweck, M. R., Koschinsky, M., Lambert, G., Mach, F., McNeal, C. J., Moriarty, P. M., Natarajan, P., Nordestgaard, B. G., Parhofer, K. G., Virani, S. S., von Eckardstein, A., Watts, G. F., Stock, J. K., Ray, K. K., Catapano, A. L. (2022). Lipoprotein(a) in atherosclerotic cardiovascular disease and aortic stenosis: a European Atherosclerosis Society consensus statement. European heart journal, 43(39), 3925–3946. https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac361
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