Sonnencreme & Vitamin D: Ein Balanceakt zwischen Hautschutz und Gesundheit?
Der Schutz vor schädlichen UV-Strahlen durch Sonnenschutzmittel ist eine wichtige Maßnahme zur Vorbeugung von Hautkrebs und Hautalterung. Gleichzeitig spielt Sonneneinstrahlung eine zentrale Rolle bei der Produktion von Vitamin D im Körper. Ein ausreichender Vitamin-D-Spiegel ist essenziell für die Knochengesundheit, das Immunsystem und viele weitere Funktionen im Körper. Die Frage, die sich daher stellt, ist: Beeinträchtigen Sonnenschutzmittel die Vitamin-D-Produktion so stark, dass gesundheitliche Probleme entstehen könnten?
Der Körper kann Vitamin D produzieren, wenn die Haut ultravioletten B-Strahlen (UVB) ausgesetzt ist (Bikle, 2011). Sonnenschutzmittel sollen jedoch primär genau diese UVB-Strahlen blockieren (Young et al., 2017). Was bedeutet das für die Vitamin-D-Synthese?
Einfluss von Sonnenschutzmitteln auf die Vitamin-D-Produktion
Studien haben gezeigt, dass Sonnenschutzmittel die Vitamin-D-Produktion sowohl unter Laborbedingungen als auch im Alltag verringern können (Faurschou et al., 2012; Grigalavicius et al., 2016).
Es ist wichtig zu beachten, dass das Ausmaß, in dem Sonnenschutzmittel die Vitamin-D-Spiegel beeinflussen, von Faktoren wie der Dicke der aufgetragenen Sonnenschutzmittelschicht abhängen kann. Faurschou et al. (2012) führten eine randomisierte klinische Studie durch und berichteten, dass die Dicke der Sonnenschutzmittelschicht die Vitamin-D-Produktion nach UVB-Bestrahlung beeinflussen kann. Darüber hinaus deuteten Studien von Berwick (2011) und LoPiccolo & Lim (2010) darauf hin, dass in realen Situationen, in denen Menschen Sonnenschutzmittel möglicherweise nicht wie in Labortests empfohlen auftragen, die Auswirkungen auf die Vitamin-D-Spiegel möglicherweise nicht so signifikant sind.
Zusammenfassend kann also davon ausgegangen werden, dass der Effekt besonders dann deutlich ist, wenn Sonnenschutzmittel korrekt und konsequent, wie beispielsweise in Laborsettings, angewendet werden (Libon et al., 2017; Neale et al., 2019; Petersen & Wulf, 2014).
Überraschenderweise ist der Rückgang der Vitamin-D-Produktion unter Anwendung von Sonnencreme jedoch nicht so groß, wie man erwarten könnte (Passeron et al., 2019).
Zwei Hauptfaktoren könnten diese Beobachtung erklären: Erstens wird Sonnenschutzmittel in der Praxis oft nicht perfekt aufgetragen. Lücken in der Abdeckung oder unzureichende Mengen lassen UVB-Strahlen dennoch die Haut erreichen. Zweitens blockieren Sonnenschutzmittel die meisten, aber nicht alle UVB-Strahlen. Selbst geringe Mengen an UVB-Strahlen können ausreichen, um die Vitamin-D-Produktion anzukurbeln.
Unterschiede zwischen Hauttypen
Die meisten bisherigen Studien zu dieser Fragestellung konzentrieren sich auf Menschen mit heller Haut (Fitzpatrick-Hauttyp 1–3). Für Personen mit dunklerer Haut (Fitzpatrick-Hauttyp 4–6) könnten die Ergebnisse anders ausfallen, da ihre Haut mehr Melanin enthält, welches UVB-Strahlen natürlicherweise stärker blockiert (Hull, 2024). Da Sonnencreme ebenfalls UVB-Strahlen blockiert, könnte davon ausgegangen werden, dass die Kombination von Melanin und Sonnencreme einen stärkeren Effekt auf die Reduktion der Vitamin-D-Aufnahme haben könnte als bei Menschen mit heller Haut. Generell werden 5 bis 30 Minuten ungeschützter Sonneneinstrahlung der Hände, des Gesichts und der Arme mindestens dreimal wöchentlich zwischen 11 und 15 Uhr als ausreichend angesehen, um einen gesunden Vitamin-D-Spiegel zu erhalten (Institute of Medicine (US), 2011; Shih et al., 2018).
Die benötigte Sonnenexposition hängt von zwei Faktoren ab: dem UV-Index, einem Maß für die Intensität der UV-Strahlung (0 bis 11+), und dem Fitzpatrick-Hauttyp, einem Maß für die Reaktion der Haut auf UV-Strahlen (1 bis 6). Bei einem UV-Index von 3 oder höher sollten Menschen mit Hauttyp 1 oder 2 ihre ungeschützte Sonneneinstrahlung auf weniger als 10 Minuten beschränken, Hauttyp 3 oder 4 auf weniger als 15 Minuten und Hauttyp 5 oder 6 auf weniger als 30 Minuten (Webb et al., 2018). Diese Empfehlungen beziehen sich sowohl auf die Hautgesundheit als auch auf die Aufrechterhaltung optimaler Vitamin-D-Werte. Zu viel ungeschützte Sonnenexposition erhöht das Risiko für Hautschäden und Hautkrebs, während zu wenig Exposition zu einem Vitamin-D-Mangel führen kann.
Es ist wichtig zu wissen, dass längere ungeschützte Sonneneinstrahlung nicht unbedingt zu einer höheren Vitamin-D-Produktion führt, da überschüssige UVB-Strahlen das Vitamin D in der Haut in eine inaktive Form umwandeln können (Webb et al., 1989). Dies schützt den Körper vor einer möglichen Vitamin-D-Toxizität. Deshalb sollte mit der Intention den Vitamin-D-Spiegel zu erhöhen nicht auf Sonnenschutzmittel verzichtet werden! Stattdessen sollte zum einen eine ausgewogene Dosis an Sonnenexposition angestrebt werden.
Optimale Vitamin-D Versorgung – trotz Sonnencreme!
Neben einer ausgewogenen Dosis an Sonnenexposition ohne dabei die Hautgesundheit zu gefährden, sollte zum anderen der Vitamin-D-Bedarf zusätzlich durch Ernährung und gegebenenfalls Nahrungsergänzungsmittel gedeckt werden. Wie bereits erwähnt, können Vitamin-D-reiche Lebensmittel wie fetter Fisch, Leber und angereicherte Milchprodukte helfen, den Vitamin-D-Spiegel zu unterstützen. Für Menschen, die in nördlichen Regionen leben oder dunklere Hauttypen haben, kann eine zusätzliche Vitamin-D-Supplementierung notwendig sein, da die Nahrung allein oft nicht ausreicht, um den Bedarf zu decken (Whiting et al., 2007).
Mit Hinblick auf die gesundheitlichen Vorteile einer optimalen Versorgung von Vitamin-D empfiehlt es sich, regelmäßig (präventiv beispielsweise einmal jährlich) den Vitamin-D-Status im Blut bestimmen zu lassen, um individuell entscheiden zu können ob eine ausreichende Versorgung durch den Lebensstil gegeben ist, oder ob es sinnvoll ist auf eine Supplementierung zurückzugreifen.
Die Bestimmung des Vitamin-D-Status sollte dabei zwei Werte umfassen:
Inaktives 25-OH (Calcidiol) – Dieser Wert wird heutzutage als Standard bei der Vitamin-D-Messung verwendet. Für optimale Gesundheit und Leistungsfähigkeit sollten folgende 25-OH-Werte angestrebt werden: 50–70 ng/ml oder 125–175 nmol/l.
Aktives Vitamin D, das 1,25-OH (1,25-Dihydroxy-Vitamin D3) – Diese aktive Form von Vitamin D besitzt eine stärkere biologische Wirkung. Für optimale Gesundheit und Leistungsfähigkeit sollten folgende 1,25-OH-Werte angestrebt werden: 30–40 pg/ml.
Fazit
Sonnenschutzmittel sind ein wesentlicher Bestandteil der Hautpflege und Prävention von Hautkrebs, und ihre Verwendung sollte nicht vernachlässigt werden. Obwohl Sonnenschutzmittel die Vitamin-D-Produktion beeinflussen können, ist der Effekt meist nicht so stark, dass gesundheitliche Probleme entstehen, wenn eine ausgewogene Sonnenexposition beibehalten wird. Ergänzende Maßnahmen wie Ernährung und Nahrungsergänzungsmittel sind wichtige Strategien, um den Vitamin-D-Spiegel zu erhalten, insbesondere in den Wintermonaten oder bei eingeschränkter Sonnenexposition.
Durch eine bewusste Anwendung von Sonnenschutzmitteln, eine angepasste Ernährung sowie individuelle Supplementation kann eine Balance zwischen ausreichendem UV-Schutz und optimaler Vitamin-D-Versorgung erreicht werden.
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Berwick, M. (2011). The good, the bad, and the ugly of sunscreens. Clinical Pharmacology & Therapeutics, 89(1), 31-33. https://doi.org/10.1038/clpt.2010.254
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Faurschou, A., Beyer, D. M., Schmedes, A., Bogh, M. K. B., Philipsen, P. A., & Wulf, H. C. (2012). The relation between sunscreen layer thickness and vitamin D production after ultraviolet B exposure: A randomized clinical trial. British Journal of Dermatology, 167(2), 391-395. https://doi.org/10.1111/j.1365-2133.2012.10910.x
Grigalavicius, M., Juzeniene, A., Baturaite, Z., Dahlback, A., & Moan, J. (2016). Biologically efficient solar radiation: Vitamin D production and induction of cutaneous malignant melanoma. Dermato-Endocrinology, 8(1), e1248320. https://doi.org/10.1080/19381980.2016.1248320
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